
Wortspiele bei der Transcreation: die Fallstudie WMF
Was Werbung angeht, hat jeder von uns einen anderen Geschmack, aber ich denke, in einem Punkt sind wir uns alle einig: um effizient zu sein, muss eine Anzeige in Erinnerung bleiben. Und wenn wir die Copy, also einen Werbetext, betrachten, sehen wir, dass eines der am häufigsten genutzten Mittel Wortspiele sind, also doppeldeutige Texte, die uns ein Schmunzeln entlocken und dabei helfen, die Botschaft, die eine Marke übermitteln möchte, in Erinnerung zu behalten.
Was geschieht aber, wenn das Wortspiel in einer anderen Sprache verfasst ist und ins Italienische übertragen werden muss?
Als Expertin für Transcreation in der Werbung geschieht mir das relativ häufig. Hier sind ein paar Beispiele vom Deutschen ins Italienische, die aus meiner persönlichen Berufserfahrung stammen.
Die Werbekampagne für Hello FUNctionals von WMF
Die Württembergische Metallwarenfabrik, besser bekannt unter dem Namen WMF, ist ein deutscher Hersteller von Töpfen, Besteck und all dem, was man zum Kochen benötigt. Mit Hello FUNctionals wollte WMF eine Kollektion an Küchenzubehör kreieren, das intelligente Funktionen mit einem eleganten Design verbindet. Der spielerische Charakter der Produktwerbung ist schon am Namen der Linie zu erkennen: “functional” im Englischen bedeutet “funktional”, aber “FUN” bedeutet “Spaß”. Es ist also kein Zufall, dass der von WMF gewählte Tonfall für die Werbenachricht für Hello FUNctionals eher lustig und leicht ist.
Die Kartoffeln aus dem Feuer holen
Bei einer der Anzeigen, für deren italienische Transcreation ich verantwortlich war, geht es um einen Thermo-Kochlöffel.
Was bedeutet also die Headline “Heiss am Stiel”?
Bei einer ersten Kontrolle mit Google Translate erfolgt eine wörtliche Übersetzung. Was Google Translate nicht wissen kann, ist natürlich, dass “Heiss am Stiel” ein Wortspiel ist. Um dieses Wortspiel ins Italienische zu übertragen, habe ich versucht, die Funktionalität des Produkts meinerseits auch mit einem Wortspiel wiederzugeben.
Beim Rühren wird die Temperatur angezeigt und man hat alles unter Kontrolle – das war die Grundidee, die ich auf Italienisch zum Ausdruck bringen wollte. Anders als bei der deutschen Headline nehme ich beim Italienischen “Gira e rigira, hai tutto sotto controllo” (auf Deutsch wäre das: Rühre, rühre, Du hast alles unter Kontrolle) zwar nicht Bezug auf die von dem Löffel gemessene Temperatur, aber dieses Detail wird schließlich nicht nur im Visual deutlich, sondern auch noch im Body-Copy erläutert. Die Werbebotschaft bleibt meiner Meinung nach damit insgesamt erhalten.
Das Spaghettiknäuel
Kommen wir also zum zweiten Hello FUNctional, einem Nudellöffel: „Portioniere, probiere, serviere!“ steht im Body-Copy.
Aber wie kann man “Wickelt jede Nudel um den Finger” übersetzen? Auch hier machen wir wieder einen Versuch mit Google Translate.
Die automatische Übersetzung gibt zwar den Begriff des Wickelns korrekt wieder. Aber auch hier handelt es sich natürlich wieder um ein Wortspiel. Die Doppelbedeutung, einerseits Spaghetti aufzuwickeln und gleichzeitig, sich die Spaghetti auf charmante Art gefügig zu machen, ist unübersetzbar. Aus diesem Grund habe ich mich für eine andere Lösung entschieden.
Mit dem Text “lui è di un’altra pasta”– was „er ist aus einem anderen Stoff gemacht“ entspricht – wird zwar der Bezug auf die Funktionalität des Produkt nicht beibehalten, aber ich bin wie gesagt der Meinung, dass diese durch das Visual deutlich gemacht wird. Dafür wird aber im Italienischen eine andere Doppeldeutigkeit genutzt: „pasta“ für Nudeln oder auch „aus einem anderen Stoff gemacht“. Im Body-Copy wird außerdem gleich die Funktion des Löffels erklärt, und damit wird meiner Meinung nach auch in diesem Fall die Botschaft vollständig gewahrt.
Eine harte Nuss
Zum Abschluss noch das Beispiel einer Reibe mit Auffangbehälter und vier verschiedenen Reibeflächen.
Die deutsche Headline hierzu ist “ungehobelte Gurken lernen die grobe Seite kennen”. Was wohl bei Google Translate dabei herauskomm?
Das Ergebnis ist verheerend!
- Die Begriffe werden falsch interpretiert und dann wörtlich übersetzt.
- „ungehobelt” wird von Google als „roh“ übersetzt und “grob” als „sauer“.
Der Nachdruck, mit dem von den vier verschiedenen Reibeflächen gesprochen wird, und die Konsonanz in der italienischen Version zwischen “grattugiato”, gerieben, mit “grigio”, grau, (vom Filmtitel Cinquanta sfumature di grigio, also Fifty Shades of Grey, auf den meine Headline Bezug nimmt), trägt meiner Meinung nach zu dieser besonders gelungenen Schlagzeile bei. Oder?
Langer Rede, kurzer Sinn
Der erste, vielleicht auch etwas banale Punkt ist, dass auch wenn die automatische Übersetzung zwar Riesenschritte nach vorne getan hat, damit niemals die Doppelbedeutungen und die kulturellen Bezüge eines Textes erfasst werden können. In allen drei Fällen waren die Übersetzungen von Google Translate unbrauchbar. Wer glaubt, maschinelle Übersetzungen für Promo- und Werbetexte nutzen zu können, wird eine böse Überraschung erleben.
Der zweite Punkt, der hoffentlich nicht mehr ganz so offensichtlich ist, ist, dass bei Wortspielen oder bei kulturellen Bezügen beim Übergang von einer Sprache zur anderen fast immer etwas verloren geht. Es gibt nur wenige Fälle, in denen alle Konnotationen des Originals beibehalten werden können und in diesem Bewusstsein muss auch die Copy erstellt werden: unter Wahl eines Elements (oder auch mehrerer), das gemäß den Absprachen beim Briefing hervorgehoben werden soll.